Es kann nur einen geben – nämlich den neuen Stelleninhaber/die neue Stelleninhaberin einer ausgeschriebenen Stelle. Wenn die Entscheidung gefallen ist, folgt der unangenehme Teil: die Absagen an alle anderen Bewerbenden müssen geschrieben werden. Es ist eine undankbare Aufgabe, denn niemand schreibt diese Briefe gerne, und niemand bekommt sie gerne. Und doch ist diese Aufgabe ein wichtiger Punkt, um die Employer Brand positiv zu stärken. Denn die Bewerbenden haben viel Zeit und Mühe in die Bewerbungen und Lebensläufe gesteckt, und darauf keine Rückmeldung zu erhalten hinterlässt ein schales Gefühl, was die Erinnerung an dieses Unternehmen in kein gutes Licht rückt.
Allerdings gibt es auch einige Fallstricke, die es beim Schreiben einer Absage zu umgehen gilt. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie bei Ihren Formulierungen achten müssen, und wie Sie dieses unangenehme Thema durchaus positiv besetzen können: für eine angenehme Candidate Experience und eine gestärkte Arbeitgebermarke!
Anmerkung: Unser Artikel soll zur Information und Inspiration dienen. Er ersetzt keine rechtliche Beratung und gibt auch keinerlei Garantie, weder für die Richtigkeit noch für die Vollständigkeit. Bei rechtlichen Fragen wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder an die Industrie- und Handelskammer.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die Antwort einfach: Nein. Es besteht keine Pflicht, nach einer erfolglosen Bewerbung ein Absageschreiben zu verfassen und versenden.
Dennoch gibt es viele Gründe, sich trotzdem die Zeit zu nehmen, um ein einfühlsames Absageschreiben mit einer positiven Grundatmosphäre aufzusetzen.
Auch hier ist die Antwort aus arbeitsrechtlicher Sicht einfach: Nein, muss man nicht. Das Arbeitsrecht empfiehlt sogar eher, keine Begründung zu geben, denn es gibt einige Fallstricke, die dem Unternehmen große Probleme bereiten und viel Geld kosten können. Allerdings hat es für die Candiate Experience und in dem Zusammenhang für die Employer Brand sehr positive Auswirkungen, wenn der Arbeitgeber begründet, warum die Bewerbung nicht zu einer Einstellung geführt hat. Insofern sollte man als Unternehmen zumindest ausführlich darüber nachdenken, ob und wie man eine Absage begründet.
Der sichere Weg ist die Nutzung von Formulierungen wie „Wir haben uns für einen anderen Kandidaten entschieden“ oder „Leider ist unsere Wahl auf einen anderen Bewerber gefallen, der noch mehr dem Anforderungsprofil entspricht.“.
Wenn man allerdings wahre Gründe nennen möchte, sollte man dies auf jeden Fall höflich, respektvoll und sachbezogen tun.
Von sachbezogenen Gründen spricht man, wenn es sich z. B. um eine Initiativbewerbung handelt, es im Moment aber keine passende Stelle gibt. Auch wenn die Stelle spontan intern besetzt wurde oder der Bewerber/die Bewerberin über- oder unterqualifiziert ist (festzumachen an diversen Bildungsabschlüssen oder Zertifikaten), kann man dies höflich und neutral als Grund für die Absage nennen. Ein häufiger Grund für Absagen sind auch zu hohe Gehaltsvorstellungen. Hier kann man z. B. freundlich schreiben „Leider weichen Ihre Gehaltsvorstellungen von unseren derzeitigen Budgetmöglichkeiten für diese Stelle ab.“
Wenn die Bewerbung allerdings vor Fehlern nur so strotzt oder in einem „schlechten Deutsch“ verfasst ist, sollte man dies nicht als Begründung für eine Absage erwähnen. Leidet der Bewerber z. B. an Legasthenie, verstößt man mit einer solchen Begründung gegen das AGG, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das 2006 verfasst wurde, darf kein Bewerber diskriminiert werden. Diese Begründungen für eine Jobabsage sind daher tabu:
Ethnische Herkunft
Religionszugehörigkeit
Weltanschauung
Alter
Behinderung
Sexuelle Identität
Geschlecht
Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen für Frauen keine Benachteiligungen darstellen, genauso wenig wie die Übernahme von väterlichen Pflichten oder geplanter Familienzuwachs für Männer.
Diese Regeln gelten übrigens auch für das Verfassen von Stellenanzeigen! Ausschreibungen wie „Wir suchen für unser Team eine junge Marketingdirektorin“ enthalten gleich zwei Diskriminierungsgründe: das Alter und das Geschlecht.
Doch auch hier gibt es Ausnahmen. Brauchen Frauenhäuser z. B. Unterstützung, dürfen sie ausdrücklich nach Mitarbeiterinnen suchen – in einem Frauenhaus ist es offensichtlich, dass nur Frauen eingestellt werden. Und auch kirchliche Arbeitgeber dürfen kommunizieren, dass bei den Bewerbern eine Kirchenzugehörigkeit gewünscht ist.
Bewirbt sich eine schwerbehinderte Person auf eine ausgeschriebene Stelle, so müssen sowohl der Bewerbungsprozess als solches als auch die Absage (sollte die Entscheidung gegen diese Person fallen) absolut rechtssicher ausgeführt und formuliert werden. In solchen Fällen ist es ratsam, entsprechend ausgebildete Rechtsanwälte um Rat zu fragen, um Compliance-Verstöße zu vermeiden.
Um es kurz zu machen: nicht zu früh und nicht zu spät. Verschickt man die Absage zu früh, kann der Bewerber den Eindruck erhalten, dass man die Bewerbung nicht ausreichend geprüft hat. Verschickt man sie zu spät, bietet die Zeit des Wartens genug Potenzial, um das Unternehmen in den Augen des Bewerbers in ein schlechtes Licht zu rücken.
Eine Umfrage unter Bewerbern hat ergeben, dass im Durchschnitt nach 5 Tagen (gezählt vom Abschicken der Bewerbung) eine Reaktion erwartet wird. Sollte ein Unternehmen innerhalb dieser Zeit noch keine Entscheidung getroffen haben, so ist zumindest eine Eingangsbestätigung zu versenden. Dauert der ganze Prozess länger, was in großen Unternehmen, die eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten, durchaus üblich ist, so muss auf jeden Fall eine Zwischennachricht verschickt werden: „Der Auswahlprozess verzögert sich leider, wir bitten Sie daher um etwas Geduld. Wir werden uns so schnell wie möglich mit Ihnen in Verbindung setzen.“. Meldet sich das Unternehmen erst nach zwei Monaten, und dann noch mit einer Absage, dann kann diese so einfühlsam wie möglich formuliert sein, sie wird beim Empfänger nur Frust auslösen – schlecht für die Candiate Experience und für die Employer Brand.
Das AGG besagt, dass Bewerber zwei Monate nach einer Absage eine Diskriminierung schriftlich beanstanden können. Drei Monate nach dem schriftlichen Anspruch muss die Klage auf Entschädigung erhoben werden.
Aus diesem Grund ist es ratsam, dass Personalabteilungen alle Bewerbungsunterlagen (Stellenausschreibung, Anschreiben, Absageschreiben inkl. Lesebestätigung bei E-Mail-Versand) mindestens sechs Monate aufbewahren.
Sollte ein Unternehmen die Unterlagen von bestimmten Bewerbern für längere Zeit verwahren wollen, weil es diese Personen in seinen Talent Pool aufnehmen möchte (vielleicht haben die HR-Mitarbeiter schon eine Stelle im Kopf, die es demnächst zu besetzen gilt), so braucht man dafür die schriftliche Einwilligung der jeweiligen Personen.
Wie schon erwähnt, das Schreiben von Absagen erfreut niemanden. Und doch kann man eine Absage so gestalten, dass die Employer Brand nicht darunter leidet und vielleicht sogar gewinnt, weil das Unternehmen trotz der Absage beim Bewerber in guter Erinnerung bleibt. Um das zu erreichen, sollte man ein paar Grundregeln beachten:
Persönlich:
Standardphrasen, leere Floskeln, nichtssagende Formulierungen braucht niemand. Persönliche Worte, die den Inhalt auf den Punkt bringen, hingegen schon. Die Absage sollte sich für den Leser so anfühlen, als wäre sie nur für ihn geschrieben worden.
Ehrlich:
Bei Absagen werden die Menschen empfindlich, denn es ist eine Zurückweisung der eigenen Person und der eigenen Fähigkeiten – so fühlt es sich zumindest an. Aus diesem Grund muss man die Worte vorsichtig wählen. Trotzdem kann man ein Feedback geben, das ehrlich ist, aber nur so offen wie nötig.
Freundlich:
Und höflich und respektvoll: So sollte die Absage verfasst werden. Auch wenn man es der Bewerbung anmerkt, dass sich nicht viel Mühe gegeben wurde oder der Bewerber/die Bewerberin sich in anderen Situationen während des Bewerbungsprozesses nicht so verhalten hat – das Unternehmen sollte professionell sein und bleiben.
Vollständig:
Rechtlich gesehen gehören die kompletten Bewerbungsunterlagen den Bewerbenden. Daher sollten die Unterlagen auch komplett zurückgeschickt werden.
In Evidenz halten:
Es macht absolut Sinn, wenn Unternehmen versuchen, sich vielversprechende Kandidaten, denen man im Moment keine passende Stelle anbieten kann, „warm zu halten“ – für später freiwerdende Stellen. In diesem Fall sollte das Unternehmen fragen, ob es die Unterlagen für die Aufnahme in den unternehmenseigenen Talent Pool behalten darf.
Konstant:
Die Ansprechpartner sollten nicht ständig wechseln. Ideal ist es, wenn der gesamte Bewerbungsprozess eines Bewerbers in der Hand von einem Mitarbeiter liegt. Falls die Absage nach einem Vorstellungsgespräch verschickt wird, sollte der Verfasser der Absage eine der Personen sein, die beim Gespräch dabei waren.
Mit diesem Aufbau einer Bewerberabsage macht man im Allgemeinen nichts verkehrt:
Betreffzeile:
Wichtig ist die präzise Nennung der betroffenen Stelle. Manchmal bewerben sich Jobsuchende auf mehrere Stellen beim selben Unternehmen. Wenn die Stelle in der Betreffzeile exakt benannt wird, kann der Bewerber das Schreiben – und damit die Absage – besser zuordnen.
Anrede:
Hier bitte persönlich werden – also „Sehr geehrter Herr Müller“ oder „Sehr geehrte Frau Meier“ – und keine anonymen Anreden wie „Sehr geehrte Bewerberin“ oder „Sehr geehrter Bewerber“ verwenden.
Dank:
Es gibt vieles, wofür sich ein Unternehmen bedanken kann: für das Interesse an dem Unternehmen, für das Interesse an der ausgeschriebenen Stelle, für die Bewerbung oder für das Vorstellungsgespräch, so es schon stattgefunden hat.
Absage:
Jetzt heißt es „Butter bei die Fische“ – es muss klar kommuniziert werden, dass sich das Unternehmen nicht für diesen Kandidaten entschieden hat. Formulierungen wie „Es gibt Informationen, die wir lieber geben.“ Oder „Eine Absage erfreut niemanden, weder Sie noch uns. Und dennoch müssen wir Ihnen heute mitteilen, dass …“ helfen beim Einstieg. Anschließend sollten Teile der Bewerbung aufgegriffen werden, die dem Unternehmen gut gefallen haben, die Stärken und Fähigkeiten des Bewerbers und der Bewerbung sollten klar dargestellt werden. Häufig ist eine Absage ja keine Entscheidung gegen jemanden, sondern für einen Besseren. Der Bessere ist stets der Feind des Guten, aber man darf ja ruhig kommunizieren, dass der Bewerber zu den Guten gehört.
Ob in dem Absageschreiben auch der Grund für die Absage genannt wird, ist eine sehr individuelle Entscheidung. Wir haben diesem Thema einen eigenen Unterpunkt gewidmet.
Positiver Abschluss:
Wichtig ist der positive Abschluss dieses Schreibens. Trotz der Absage wünscht man dem Bewerber für die Zukunft und für den weiteren Berufsweg viel Erfolg. Auch persönliche Worte sind erlaubt: „Bitte lassen Sie sich durch unsere Absage nicht entmutigen.“ Oder „Wir wünschen Ihnen für die Zukunft viel Erfolg und drücken die Daumen, dass es an anderer Stelle klappt.“
Grußformel:
Klassisch: Mit freundlichen Grüßen oder Mit besten Grüßen oder Beste Grüße plus Name des Personalverantwortlichen
Dank:
Absage:
Evidenz:
Positiver Abschluss:
Auch wenn der römische Redner und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero sagte: „Die Menschen sind alle so geartet, dass sie lieber eine Lüge als eine Absage hören wollen.“, so sollten Unternehmen doch lieber eine andere Strategie fahren. Ein ehrliches und wertschätzendes Absageschreiben sorgt dafür, dass das Unternehmen weiterhin in positiver Erinnerung bleibt und die Employer Brand gestärkt wird. Und – wer weiß – vielleicht wird aus dem abgesagten Bewerber von heute die nächste wertvolle Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle von morgen.
23.03.2023 – Sandra Schroer – persomatch